Rettung für den Auwald – Bericht zu den Rodungen am Damm im Februar 2019

Rettung für den Auwald

Verheerende Baumfällungen zum Dammbau an der B20 – Bauminitiative organisiert Ortsbegehung

Wer in den vergangenen Tagen die B20 bei Bad Reichenhall gefahren ist, dem sprang es sofort ins Auge: Über die gesamte Länge der Bundesstraße vom Umspannwerk bis zum Ortsbeginn wurde ein ca. 15m breiter Streifen des Auwaldes komplett gerodet. Offizieller Grund dafür ist laut Grundbesitzer Wasserwirtschaftsamt Traunstein der Neubau eines Dammes zum Schutz vor Hochwasser, da der alte Damm nicht mehr den Anforderungen entspreche. Die Bauminitiative Bad Reichenhall unter der Leitung von Christian Kessel unternahm mit zahlreichen Bad Reichenhaller Bürgern eine Ortsbegehung, um die gerodete Fläche in Augenschein zu nehmen und die gefällten Bäume zu zählen. Die Bestürzung der Anwesenden war groß und sie kritisierten heftig die Vorgehensweise der Verantwortlichen. “Der Auwald wird seit fünf Jahren sukzessive reduziert, warum wird der Wald nicht geschützt?” fragte eine Bürgerin und die Teilnehmer bekannten einstimmig, sie seien schockiert und erschüttert über das Ausmaß der Rodung. 

Die Massnahmen zur Dammsanierung waren im Vorfeld zwar bekannt gegeben worden, doch über den letztendlichen Umfang der Fällungen war nicht informiert worden. “Es wird nur über Randgebiete informiert, die Baumfällungen an der Au kamen überhaupt nicht zur Sprache. Das ist eine Verarschung und Verdummung der Bevölkerung.” kritisierten die verärgerten Bürger die mangelnde Kommunikation an die Öffentlichkeit. Im Vorfeld war die Sprache von ca. 100 gefällten Bäumen die Rede. Die Bürger, mit ihnen auch Kinder und Jugendliche, zählten vor Ort gemeinsam die gefällten Bäume und ermittelten eine Zahl von 404 gefällten Stämmen (75 Bäume größer als 15cm Ø, 186 Bäume größer als 30cm Ø, 134 Bäume größer als 45cm, 9 Bäume größer als 70cm Ø). Ein Großteil des gerodeten Baumbestandes bestand aus älteren und größeren Bäumen, die den meisten Reichenhaller Autofahrern als tägliche Begleiter an der B20 bekannt waren – sie waren bisher auch Schalldämpfer für das angrenzende Gebiet gegen den Lärm der Bundesstraße. Jetzt, da sie fehlen und der neue Damm direkt an der Straße errichtet wird, wird der Damm den Straßenlärm noch stärker auch in das angrenzende Wohngebiet zurückwerfen, so die Bauminitative. 

Die gesamte Planung des Deichbaus stieß bei den Bürgern auf Unverständnis und Empörung. Der Deich im Bereich des Wohngebietes Nähe Gewerkenstraße bis Umspannwerk soll an seiner Stelle belassen und saniert werden, während der weitere Deichabschnitt den Anforderungen nicht mehr genüge und entlang der B20 ein Ersatz direkt an der Straße gebaut werden solle – im Abschnitt der jetzt gerodeten Fläche. “Es ist völlig unklar, warum der alte Damm nicht auf kompletter Länge saniert wird.” erklärte Christian Kessel von der Bauminitiative, “Da ist keine Logik dahinter.” Es würde außerdem nicht berücksichtigt, welche Folgeschäden die Baumaßnahmen am Auwald erzeugen. Die Erderschütterungen durch Einrammen der geplanten Spundwände und die Destabilisierung der direkt an die Schneise angrenzenden Bäume das Durchtrennen des Wurzelwerks noch stehender Bäume werden, so die Bauminitiative, für weitere Folgeschäden von sicher 20% am Auwald sorgen. Ersatzpflanzungen, wie von Christian Kessel von der Bauminitiative im Vorfeld für die umfangreichen Rodungen gefordert, sind laut offiziellen Informationen zwar geplant – allerdings nicht vor Ort in Bad Reichenhall, sondern nach bisherigen Planungen in Saaldorf-Surheim. 

“Diese Fläche ist für den Wald verloren, da kommt nichts mehr.” erklärte der Umweltreferent des Stadtrates, Dr. Wolf Guglhör, der an der Begehung teilnahm und bestätigte die Fragen der Bürger, daß schon allein durch den Druck der Baumaschinen auf den Boden das Erdreich für Pflanzen und Wasser verloren sei. “Daß uns unser Wald weggenommen wird, finde ich einfach übel – und das in einer Kurstadt wie Bad Reichenhall!” bekannte eine Bürgerin, “Die Bundesstraße haut der Kurstadt 30.000 Fahrzeuge um die Ohren und wir schneiden den Auwald weg!” Eine Schülerin berichtete, daß der Auwald für sie und ihre Freunde ein wichtiger Rückzugsort sei und appellierte an die Verantwortlichen, ihn für die nächsten Generationen zu erhalten. “Es gibt kein Konzept für die Erhaltung des Auwaldes,” kritisierte Christian Kessel von der Bauminitiative Bad Reichenhall. 

Allein in der Saison 2018/2019 wurden und werden in den Saalachauen im Gebiet von Bad Reichenhall mindestens 700 Bäume gefällt – neben den jetzt gezählten 404 Bäumen, mindestens weitere 50 Bäume in den nächsten Tagen, sicher 80–100 Bäume, die in Folge der aktuellen Fällungen irreparabel geschädigt sind sowie weitere bereits im letzten Dezember angekündigte mindestens 170 Fällungen in den gesamten Saalachauen. “Wir brauchen ein Konzept, wie der Auwald auch in zwanzig bis vierzig Jahren als Naherholungsgebiet aussehen soll und dies muss zur Handlungsmaxime für den Schutz, den Erhalt und die Pflege des Auwaldes erhoben werden.” forderte Christian Kessel, “Umfangreiche Neupflanzungen sind hier dringend erforderlich.” Die Teilnehmer der Begehung stimmten ihm mit spontanem Applaus zu. 

Teilnehmer der Ortsbegehung beim gemeinsamen Zählen der gefällten Bäume im Rodungsgebiet - die Fällung bzw. irreparable Schädigung von mindestens 300 weiteren Bäumen wird erwartet.
Teilnehmer der Ortsbegehung beim gemeinsamen Zählen der gefällten Bäume im Rodungsgebiet – die Fällung bzw. irreparable Schädigung von mindestens 300 weiteren Bäumen wird erwartet.

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Obiger Bericht wurde beim Reichenhaller Tagblatt eingereicht, aber bisher nicht gedruckt. Zum Thema Baumfällungen am Damm erschien am 20.02.19 folgender Artikel:

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